Forschung

Forschungsprojekte

Während des Nationalsozialismus wurden hunderttausende Kulturgüter zwangsverkauft oder enteignet. Eines der wichtigsten Anliegen der Alliierten war die Rückabwicklung dieses Raubzuges. Zwar war dieser Prozess Mitte der 1960er Jahre zunächst abgeschlossen, doch wurde der Umgang mit Vermögenswerten aus der Zeit des Holocaust nach dem Ende des Kalten Krieges neu verhandelt. 1998 verpflichteten sich in Washington 44 Staaten, für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter „gerechte und faire“ Lösungen zu finden. In Deutschland wurde dies unter Rückgriff auf die alliierte Gesetzgebung der unmittelbaren Nachkriegszeit in der sog. „Handreichung“ konkretisiert.

Das Bildungs- und Forschungsprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, den komplexen Vorgang der Rückerstattung von NS-Raubgut seit 1945 interdisziplinär zu erforschen, um auf dieser wissenschaftlichen Grundlage einen fundierten Praxiskommentar der aktuellen Prüfkriterien zu erstellen. Begleitend soll das Thema in die reguläre universitäre Ausbildung eingebunden werden. Die Forschungsergebnisse sollen schließlich nicht nur publiziert, sondern darüber hinaus in der Hochschullehre als Weiterbildungsprogramm verankert werden.

Das Projekt wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2024 gefördert.

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„Raub, Rechtsgeschäft und Beute. Der ‚Sonderauftrag Linz‘ in seinen europäischen Dimensionen“


Das Forschungsprojekt wird finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Das von Adolf Hitler im Jahre 1938 geplante Museum in Linz war eine der wichtigsten Einrichtungen für die Propaganda- und Kulturpolitik des ‚Dritten Reiches‘. Die Besonderheiten der Linzer Sammlung sind bislang nur teilweise erforscht, da die Quellenlage ausgesprochen unsicher war. Die nach dem Krieg nach Moskau verlagerten und geheim aufbewahrten ‚Linz‘-Bestände dürfen wie ein ‚Moskauer Inventar‘ zur weiteren Erforschung des Themas bezeichnet werden und sind als Quellengrundlage der angestrebten quantitativen als auch qualitativen Analyse zum ersten Mal nach 1945 überhaupt verfügbar. Erst unter Berücksichtigung der von der UdSSR erbeuteten Bestände lässt es sich daran denken, den tatsächlichen Umfang der Sammlung zu rekonstruieren. Die Dokumente aus dem Kontext des ‚Führermuseums‘, etwa zur „Sicherstellung von Kunstgut aus reichs- und volksfeindlichem Besitz“, sind für die Forschung zum Holocaust von besonderem Interesse, weil sie viel über die Grundlagen und Methoden, aber auch die Praxis der Enteignung der jüdischen Sammlungen durch die Nationalsozialisten in ganz Europa aussagen. Damit ergibt sich erstmals die Möglichkeit, den ‚Sonderauftrag Linz‘ als eine der Haupteinrichtungen des nationalsozialistischen Kunstraubs in ihren europäischen Dimensionen nachzuvollziehen. Noch heute wirft der ‚Linzer Bestand‘ komplizierte Restitutionsfragen auf. Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts steht deshalb eine Untersuchung von Konzeption und Durchführung des NS-Kunstraubs, illustriert am zentralen Beispiel des ‚Sonderauftrags Linz‘, der mithilfe der neuen Quellen erstmals umfassend erforscht werden kann. Dazu gehört auch die Art und Weise, wie die SMAD-Organe mit den Museumsbeständen umgegangen sind, als auch ihre Ansprüche auf die verlagerten Kunst- und Kulturgüter. Dies verspricht eine erste, lückenlos quellenbasierte Untersuchung und Darstellung der Geschichte des ‚Linz‘-Bestandes und seiner Verbindungen zum NS-Kunstraub.

Professur für Bürgerliches Recht und Neuere Rechtsgeschichte

Europa-Universität Viadrina | Prof. Dr. Benjamin Lahusen

Assistenz:
Leane Böhm
Hauptgebäude, Raum 126